ROSS & MENSCH

ALLE, DIE DABEI SIND

Aufzamt & z'amgricht

Angespannt und aufgeputzt

Schon einige Tage vor der Fahrt beginnen auf den Höfen die Vorbereitungen. Da werden die „technisch“ geprüften Wägen herausgeholt und meist von den Mitfahrerinnen mit Almrausch, Buchs, Daxn und Grantn geschmückt. Das übernehmen die Frauen gerne, ist es doch auch eine schöne Gelegenheit, zusammenzukommen und die dörfliche Gemeinschaft zu pflegen.

Fünf Frauen und zwei Männer schmücken ein Leonhardi-Fuhrwerk. Im Hintergrund ein großes Bauernhaus.
- Die Bäuerin vom Lamprechthof mit engagierten Frauen und Männern beim Binden des Leonhardiwagens -

Der Leonharditag selbst beginnt für die Fuhrleute und Mitfahrer in aller Herrgottsfrüh. Nicht nur die Rösser werden versorgt und festlich geschmückt, auch die Fahrer und vor allem die Wallfahrerinnen legen ihr Festtagsgewand an. Die Damen lassen sich aufwändige Frisuren legen, flechten und drapieren. Wenn sich manche der Fuhrwerke dann um sieben Uhr früh in der Dämmerung auf den Weg nach Tölz machen, sind Mensch und Tier schon einige Stunden hellwach und auf den Beinen.

Zum Schutze der Rösser

Bei der „Tölzer Leonhardifahrt“ werden ausschließlich Kaltblutrösser und Haflinger eingespannt. Nicht nur, weil auf den Höfen zu früheren Zeiten für die schwere Feld- und Waldarbeit nur schwere Rösser in Frage kamen, sondern weil auch der steile Aufstieg zum Kalvarienberg mit den großen, von bis zu 20 Mitfahrern besetzten Wagen kräftige Zugpferde erfordern.

Von Generation zu Generation

Dabei sein ist alles

Die Fuhrleute stammen überwiegend von den Bauernhöfen der Region und nehmen oft seit vielen Jahren, ja Generationen an der Leonhardifahrt teil. Ehrungen zur 25., 40. und 50. Fahrt sind keine Seltenheit, auch schon die 100. Teilnahme an der Leonhardifahrt hat es gegeben. Das belegt, dass Generationen von Hofbesitzern sich an der „Tölzer Leonhardifahrt“ beteiligen. Vier vor den Wagen gespannte schwere Kaltblutpferde durch die engen Gassen der Stadt und auf den steilen Maierbräugasteig hinauf zum Kalvarienberg zu führen, dazu gehört eine Menge Erfahrung und Können. So sind die Fuhrleute der „Tölzer Leonhardifahrt“ verständlicherweise stolz auf ihre Teilnahme und wollen sich jedes Jahr aufs Neue beweisen.

Ein Leonhardi-Fuhrwerk überquert die Isarbrücke. Viele Besucher auf der Brücke sehen zu. Im Hintergrund erhebt sich der Kalvarienberg.

Die Wallfahrerinnen

Die Frauen in ihrem Festtagsgwand, wie dem Schalk (verheiratet) oder dem Mieder bei den Jungfrauen (ledig), sitzen in Bad Tölz in den Wägen und werden gefahren. Das hat in Bad Tölz nicht nur Tradition, die aufwändige und wertvolle Bekleidung würde das Reiten auch nicht zulassen. Den Frauen obliegt im Vorfeld der Wallfahrt auch das Schmücken der Wägen und der Rösser. Traditionell kümmern sie sich auch um die „Stärkung“ der Mitfahrer, Freunde und Bekannten auf dem Kalvarienberg mit einem Stamperl und Platzl.

Die Brettlhupfer

Die Praxer (Bremser) oder Brettlhupfer sind neben dem Fuhrmann die wichtigsten Sicherheitsgaranten des Fuhrwerks. Sie müssen bei einem Halt, insbesondere bei der steilen Auf- oder Abfahrt, rasch die Bremse bedienen, die Bremskeile kontrollieren, an Engstellen die vorderen Rösser führen und darauf achten, dass die Gespannvorrichtungen wie Deichseln, Ketten, Wagscheite etc. im Stillstand und während der Fahrt intakt und verkehrssicher bleiben.

Brettlhupfer
- Brettlhupfer einst und heute -

Segen für Ross und Mensch

Der Höhepunkt der Tölzer Leonhardi-Wallfahrt ist natürlich die Segnung von Mensch und Tier bei der Umfahrung der Leonhardikapelle und der sich anschließende Gottesdienst auf dem Kalvarienberg. Dies übernimmt regelmäßig der jeweilige Tölzer Stadtpfarrer. Im ersten Fuhrwerk wird er zusammen mit weiteren Geistlichen und seinen Ministranten auf den Kalvarienberg gebracht, um dort im Bereich des festlich geschmückten Feldaltars zur Segnung aller Teilnehmer Aufstellung zu nehmen.
Auch zum Schluss der Fahrt beim Passieren der Mühlfeldkirche erhalten die Fuhrwerke den geistlichen Segen.

Segnung eines Leonhardi-Fuhrwerks